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Wasser, Gänsehaut

Autor
Fioretos, Aris

Wasser, Gänsehaut

Untertitel
Essay über den Roman. Aus dem Schwedischen von von Paul Berf, Lukas Dettwiler und Kristina Maidt-Zinke
Beschreibung

Sollte die berühmte Tür aus Kafkas Parabel, vor der der Mann vom Lande vergeblich ausharrt, tatsächlich mit jener Handfläche verschwägert sein, die Medusa ihren Angreifern zum Schutz entgegenstreckte? Der schwedisch-griechische Autor Aris Fioretos begibt sich in seiner Poetikvorlesung Gänsehaut, Wasser auf einen Spaziergang zu den bedeutenden Werken des Romans – gelegentlich auch etwas darüber hinaus – und lässt die Leser*innen nicht nur alten Bekannten begegnen, sondern führt mitunter auch in ganz neue Gegenden des schon so bekannt geglaubten Genres Roman.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Hanser Verlag 2017
Seiten
208
Format
Kartoniert
ISBN/EAN
978-3-446-25657-6
Preis
23,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Aris Fioretos, 1960 in Göteborg geboren, ist schwedischer Schriftsteller griechisch-österreichischer Herkunft. Bei Hanser erschienen Das Maß eines Fußes (Essays, 2008), Der letzte Grieche (Roman, 2011), Die halbe Sonne (Prosa, 2013), Mary (Roman, 2016) und Wasser, Gänsehaut (Essay über den Roman, 2017).
Aris Fioretos lebt in Berlin und Stockholm.

Zum Buch:

Zu Beginn des Buches Gänsehaut, Wasser bringt Fioretos, die Unvereinbarkeit und doch Zusammengehörigkeit der Formen des Romans in den letzten zweihundert Jahren auf die Formel, „gehört [es] zum Wesen des Romans, eine Vielfalt von Versionen seiner selbst zu enthalten, wie Wasser in Wasser?“. Dieser Verdacht, wie er es nennt, ist nicht zufällig als Frage formuliert und nimmt die stets ebenso suchende wie neugierige Bewegung seines Schreibens vorweg. Tastend schlägt er Brücken zwischen Werken, etwa denen von Herta Müller und Paul Valéry. In seinem Essay begegnen wir Italo Calvinos Baron in den Bäumen ebenso wie Tristram Shandy und Nabokovs Figuren Lolita und Ada. Fioretos entspinnt diese Betrachtungen anhand eines antiken Vasenbildes, von dem aus er nicht nur den Erfahrungen seines Schreibens, sondern auch seinen Begegnungen als Leser nachspürt. Dass Fioretos ein sehr erfahrener Leser ist und aus einem großen literarischen Wissen schöpfen kann, ist dabei offenkundig. Ebenso deutlich ist aber auch, dass er stets den neuen Zugang sucht; statt sich auf den groben literaturhistorischen Rahmen zu stützen, mit der man den Roman als Gattung zu fassen versuchen könnte, vertraut er gerade auf die unsicheren, schmalen Verbindungsspuren. Sein Interesse gilt, wie er sagt, eher den handwerklichen Aspekten als den Themen und Figuren, und wir erfahren allerhand über die Vergegenkunft, den Leerlauf und die Welthaltigkeit des Schreibens und des Romans. Doch vor allem zeichnet diesen Essay aus, dass er Zugänge und Verbindungen zwischen den Romanen eröffnet, die einem zuvor verborgen blieben.

Unter diesen neuen Verbindungen scheinen einem manche so felsenfest und breit wie eine Hauptstraße, und man wundert sich, dass man sie nicht selbst hergestellt hat. Vor anderen dagegen schreckt man instinktiv zurück und zweifelt an ihrer Verlässlichkeit. Sollte die berühmte Tür aus Kafkas Parabel, vor der der Mann vom Lande vergeblich ausharrt, tatsächlich mit jener Handfläche verschwägert sein, die Medusa ihren Angreifern entgegenstreckt? Während die Betrachtungen, die seinen Erfahrungen als Leser gelten, dieses suchende Moment haben, sind jene, die sein eigenes Schreiben thematisieren, nahezu irritierend schematisch. Als müsste das Lesen gerade die Unsicherheit suchen, während das Schreiben von vorneherein diese Unsicherheit besitzt und daher etwas benötigt, zu dem es zurückfinden oder anhand dessen es sich entwickeln, ausbreiten kann.

Oft sagt man, wenn man ein Buch beendet habe, sei es schwierig, sich davon zu lösen und ein neues zu beginnen. Das Gegenteil ist bei Gänsehaut. Wasser der Fall. Danach werden Sie sich die Romane, die sie noch nicht kannten, ohne Verzögerung besorgen und die, die bereits bei Ihnen im Bücherregal stehen, erneut hervorholen. Und Fioretos Essay wird Sie beim Lesen begleiten.

Theresa Mayer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt