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Cox

Autor
Ransmayr, Christoph

Cox

Untertitel
oder Der Lauf der Zeit. Roman
Beschreibung

Mitte des achtzehnten Jahrhunderts ist Alister Cox Englands berühmtester und erfolgreichster Uhrmacher und Automatenbauer, „Herr über mehr als neunhundert Feinmechaniker, Juweliere, Gold- und Silberschmiede“. Seine Werke werden in aller Welt verlangt. Sogar der Kaiser von China besitzt mehrere seiner Uhren und schätzt Cox’ Fähigkeiten so sehr, dass er ihn einlädt, nach China zu kommen, um dort „nach den Plänen und Träumen des Allerhöchsten“ weitere seiner kostbaren Werke herzustellen. So macht Cox sich mit mehreren hochspezialisierten Gehilfen auf den monatelangen Weg über den Ozean in eine völlig unbekannte Welt.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
S. Fischer Verlag, 2016
Seiten
304
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-10-082951-1
Preis
22,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Christoph Ransmayr, wurde 1954 in Wels/Oberösterreich geboren und lebt nach Jahren in Irland und auf Reisen wieder in Wien. Neben seinen Romanen ›Die Schrecken des Eises und der Finsternis‹, ›Die letzte Welt‹, ›Morbus Kitahara‹, ›Der fliegende Berg‹ und dem ›Atlas eines ängstlichen Mannes‹ erschienen bisher zehn Spielformen des Erzählens, darunter ›Damen & Herren unter Wasser‹, ›Geständnisse eines Touristen‹, ›Der Wolfsjäger‹ und ›Gerede‹

Zum Buch:

Mitte des achtzehnten Jahrhunderts ist Alister Cox Englands berühmtester und erfolgreichster Uhrmacher und Automatenbauer, „Herr über mehr als neunhundert Feinmechaniker, Juweliere, Gold- und Silberschmiede“. Seine Werke werden in aller Welt verlangt. Sogar der Kaiser von China besitzt mehrere seiner Uhren und schätzt Cox’ Fähigkeiten so sehr, dass er ihn einlädt, nach China zu kommen, um dort „nach den Plänen und Träumen des Allerhöchsten“ weitere seiner kostbaren Werke herzustellen. So macht Cox sich mit mehreren hochspezialisierten Gehilfen auf den monatelangen Weg über den Ozean in eine völlig unbekannte Welt.

Zwei Jahre zuvor, als die chinesischen Gesandten mit der Einladung in seinem Haus eintrafen, war Cox’ Leben zutiefst erschüttert worden. Seine Tochter Abigail war im Alter von fünf Jahren gestorben, seine geliebte Frau Faye hatte sich seither völlig in sich zurückgezogen und war verstummt. Cox überlegte zwei Monate lang, aber dann keimte in ihm die Hoffnung, die Trennung von allem Gewohnten werde ihm wieder neuen Mut zu arbeiten geben und seine Frau würde nach seiner Rückkehr wieder mit ihm sprechen.

Das Schiff erreicht das chinesische Festland just in dem Moment, als der „mächtigste Mann der Welt und Kaiser von China siebenundzwanzig Steuerbeamten und Wertpapierhändlern die Nasen abschneiden ließ“. Von Anfang an besteht somit kein Zweifel: Sie befinden sich im Reich des allerhöchsten, allergnädigsten, allergeheimsten Kaisers, der mit Hilfe eines perfekt geölten Apparates aus Beamten, Soldaten und Spitzeln dafür sorgt, dass er zwar von niemandem gesehen wird, aber gerade deshalb allgegenwärtig ist.

Kurz danach sieht Cox auf einer vorüberziehenden prächtigen Dschunke, die zum Gefolge des Kaisers gehört, eine junge Frau, und ihm ist, als wäre dieses fremde, für jeden Sterblichen unerreichbare Wesen die Essenz aller Liebe. Der Liebe zu Faye, seiner verstummten Frau, und zu Abigail, seiner toten Tochter, aber auch der Liebe zu dieser, dem Kaiser gehörenden Frau.

In der verbotenen Stadt angekommen, umgeben von Luxus, versorgt mit den kostbarsten Materialien, machen sich die vier Engländer an die Arbeit. Nach den Wünschen des Kaisers erschaffen Cox und seine Helfer Uhren, die das subjektiv unterschiedliche Vergehen der Zeit im Laufe des Lebens eines Menschen anzeigen, vom Kind bis zum Sterbenden.

Aber die Pracht und Großzügigkeit, mit der die Uhrmacher in der verbotenen Stadt leben, lässt sie nicht vergessen, dass ein falscher Schritt im unergründlichen Netz des höfischen Protokolls den Tod – und zwar einen ebenso ausgeklügelten wie grausamen, nach sich ziehen kann. Und dann fordert der „Herr der zehntausend Jahre“, der Herrscher über Leben, Tod und Zeit, ein Uhrwerk, das die Dauer der Ewigkeit messen soll …

Cox oder der Lauf der Zeit ist eine Erzählung, so leicht, wie eine chinesische Tuschezeichnung, geschrieben in einer makellosen Sprache, filigran und funkelnd wie die Kunstwerke der Uhrenbauer, bilderreich, dabei schlank und klar. Ransmayr erschafft eine geschlossene, Welt, die unergründlichen Gesetzen gehorcht, voller Schönheit und Grausamkeit. Er erzählt ein Märchen voller Wahrheiten, tiefgründig und federleicht, traurig und humorvoll, nachdenklich, aber trotzdem unterhaltsam zu lesen.

Ruth Roebke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt