Kinder und Jugendbücher

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Buchempfehlungen Kinder und Jugendbücher

Autor
Kantor, Avram

Die erste Stimme. Ich und mein Bruder - mein Bruder und ich.

Untertitel
Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Ab 12 Jahre
Beschreibung

Man hält ihn für zurückgeblieben, weil er scheinbar nicht hört und nicht spricht. Fachleute nennen ihn einen “Autisten”. Doch der Junge kann sehr wohl hören; sogar lesen und schreiben kann er. Es geht ihm nur alles immer viel zu schnell. Sein großer Bruder Kobi versteht ihn. Er selbst redet auch nicht viel, schon gar nicht mit den Eltern. Darum sind die auch so überrascht, als er verschwindet. Völlig verändert kehrt Kobi zurück.
(Klappentext)

Verlag
Hanser Verlag, 2008
Format
Paperback
Seiten
205 Seiten
ISBN/EAN
978-3-446-20903-9
Preis
14,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Avram Kantor, geb. 1950 in Haifa, aufgewachsen im Kibbuz Mizra. Studierte hebräische Literaturwissenschaft in Haifa und Deutsch in Konstanz. Er ist Verleger, Übersetzer aus dem Englischen und Deutschen und Autor von sechs Romanen, zwei Erzählbänden und zwei Kinderbüchern. 1995 wurde er mit dem renommierten Ze’ev-Preis ausgezeichnet.

Zum Buch:

„Kobi mochte mich nicht. Ich glaube, er schämte sich einfach, einen Bruder wie mich zu haben, einen, der nicht sprechen konnte, das heißt, einen Stummen oder so. Er mochte nicht, das man mich außerhalb des Hauses sah und dass die anderen erfuhren, dass ich sein Bruder war. Als Meirav so herumschrie, erwachte er und kam, noch ganz verquollen vom Schlaf, in mein Zimmer, um zu sehen, was los war.
Meirav stürzte sich aufgeregt auf ihn. ‘Er kann lesen und schreiben’, sagte sie, deutete auf mich und hüpfte von ihm zu mir und von mir zu ihm.
Er hielt sich noch nicht mal den  Mund zu, der sich zu einem lauten Gähnen öffnete und aussah wie das Maul eines brüllenden Esels, er machte nur ein abschätzige Bewegung mit der Hand.
‘Was bist du so begeistert von dem Blödsinn, den dieser Zurückgebliebene macht?‘“

Und da schwor ich mir, dass ich nie wieder versuchen würde, ihnen zu schreiben, und dass niemand jemals erfahren sollte, dass ich Wörter schreiben und sie innerlich sogar aussprechen konnte.“
.
Der„Zurückgebliebene“, wie Kobi seinen jüngeren Bruder verächtlich nennt, ist unfähig, Wörter zu bilden. Ihn selbst stört das nicht, schließlich kann er auf andere Weise zu seiner Zufriedenheit kommunizieren. Er hält das Sprechen für eine überschätzte Fähigkeit, aber seine Eltern rennen mit ihm von Arzt zu Arzt, und manche Lehrer halten ihn gar für geistig behindert. Aber selbst seine Eltern und Geschwister ahnen nicht, dass er fließend liest und sich darüber ein Wissen aneignet, mit dem er sich medizinischen Behandlungen und anderen unangenehmen Dingen entziehen kann. Als Kobi mitten in der Pubertät dann plötzlich heftig religiös wird und seine Eltern zur koscheren Haushaltsführung zwingt, weiß nur der angeblich zurückgebliebene kleine Bruder, der ungestört in dessen Email-Ordner stöbern kann, dass der Bruder in die Fänge einer Sekte geraten ist, und beschließt, ihn zu retten. Aber dazu muss er sein Geheimnis verraten…

„Die erste Stimme“ (für Leser ab ca. 13 Jahren) ist das schönste Jugendbuch, das ich in den letzten Jahren gelesen habe, und erzählt spannend, rührend, überraschend, traurig und komisch von Familien und Geschwistern, Pubertät und „anders sein“, Freundschaft und Verständnis. Ich kann diesem Buch nur sehr viele jugendliche und erwachsene Leser wünschen.

Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main