Zum Buch:
Jamal ist sechzehn, lebt in Frankfurt und geht auf ein Gymnasium. Seine Familie ist nett, er liebt Jasmin und wird von ihrer Familie als ihr Freund akzeptiert. Eigentlich ist alles ganz normal bis er eines Morgens in die Schule kommt und das Schulgebäude erst nach einer Taschenkontrolle betreten darf. Das Kultusministerium hat eine anonyme Email mit einer Amokdrohung erhalten. Den Schülern wird an diesem Tag der Schulbesuch freigestellt, das Gebäude und der Schulhof werden polizeilich bewacht, in den Pausen dürfen die Klassenräume nicht verlassen werden. Packend schildert Smith die Nervosität, die sich in der Schule ausbreitet. Als ein Spaßvogel eine Tüte laut knallend zerplatzen lässt, merkt man, wie blank die Nerven liegen.
Eine Tageszeitung veröffentlicht die Drohung im Wortlaut, und Jamal beschleicht eine Ahnung, die nach den Abendnachrichten zur Gewissheit wird. Die Drohung stammt von Jasmin und einer Freundin. Alles sollte nur ein blöder Scherz sein, um einen Tag Extraferien zu bekommen. Die beiden sind von den Folgen ihrer Aktion überrumpelt und bereuen sie sehr. Aber das nutzt nichts. Es gibt nicht nur ein gerichtliches Strafverfahren, sondern auch noch sehr unangenehme, sensationslüsterne Presseberichte. Jamal hält zu Jasmin und gerät dabei als Freund von Miss Amok zunehmend ins Rampenlicht.
Amok und die Hintergründe, die Täterprofile, Erfurt, Littleton und Columbine werden in Jamals Klasse zum leidenschaftlich diskutierten und recherierten Unterrichtsthema. Doch so sensibilisiert diese Jugendlichen und ihre Lehrer auch sind, übersehen sie doch einen Mitschüler, der in seinem Internettagebuch zornige, einsame und verzweifelte Texte veröffentlicht, Texte, die als Einschübe den Romantext immer wieder unterbrechen. Sie führen in eine ziemlich krude Bekenntniswelt, in der Emotionen durch eine Mixtur aus phantastischen und mystischen Symbolen ausgedrückt werden. Hass auf den Vater und dessen Freundin, Trauer um den Großvater, Einsamkeit und Geringschätzung anderer Menschen sind wiederkehrende Themen.
In Jasmin vermutet dieser Junge eine Seelenverwandte. Er schickt ihr einen Link zu seinem Tagebuch zu spät für die alarmierten Ermittler. Wenig später macht er ernst und ermordet in seiner Schule sechs ihm zufällig über den Weg laufende Mitschüler und Lehrer, bevor er sich selbst umbringt.
Pete Smith ist mit So voller Wut ein spannendes Jugendbuch mit veritablen Krimi-Elementen gelungen, das darüber hinaus jede Menge Diskussionsstoff bietet. Was aber lässt den einen ausrasten und zur Waffe greifen, während Millionen andere, denen es ähnlich geht, still halten? Diese Frage spitzt Smith an Beispielen zu. Die Antwort bleibt offen. Kampfsport und einschlägige Computerspiele (der Täter macht beides) lassen zwar auch hier eine Disposition vermuten, aber eine Mitschülerin wendet ein: Klingt irgendwie klischeehaft (
) Als ob die alle gleich seien. Aber das sind doch auch Individuen.
Claudia Biester, Autorenbuchhandlung Marx & Co, Frankfurt am Main